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Montag, 2. Mai 2011

3 Jahre 8 Monate 20 Tage


Genau 3 Jahre 8 Monate 20 Tage war die Khmer Rouge von 1975 bis 1979 an der Macht, ich glaube diese Angabe kennen alle hier in Kambodscha die an die schrecklichste Zeit des Landes erinnern. Ich habe bereits ein bisschen etwas über die Khmer Rouge geschrieben, aber je mehr man darüber liest und sich befasst, desto mehr erschüttert es einen. Die Khmer Rouge war von 1975 bis 1979 eine kommunistische Bewegung die den Agrarkommunismus einführten.
Ich dachte mir auch oft, dass die Khmer Rouge auch wirklich nur in dieser Zeit tätig war, aber sie haben auch noch lange danach ihr Unwesen getrieben.

Das Land hat die Zeit während der Khmer Rouge sehr geprägt, das merkt man an deren Lebensart und vor allem auch Umgang mit dem Geld. Es wird für den Moment gelebt, bekommt jemand Geld wird nicht viel gespart, sie schauen zwar schon das sie solange wie möglich über die Runden kommen damit, aber mein Empfinden ist, das viele Angst haben, dass so eine Zeit nochmals kommt und Geld unwichtig wird, das Leben einfach ausgelöscht werden kann - sie leben für JETZT.
Kambodschaner sind auch nicht wirklich interessiert, Business zu machen, man sieht selten Leute, die ein Restaurant oder Hotel selber aufgebaut haben ohne Hilfe eines Westlichen. Aber will man hier versuchen als Europäer etwas aufzubauen, vor allem Land zu bekommen, ist es auch nicht wirklich einfach, die Regierung und Gesetzte legen einem viele Steine in den Weg und man braucht die Hilfe eines Einheimischen.

Aber ich habe viele Geschichten gehört von Familien, die ein schönes Haus (oder Hütte) hatten mit etwas Land rundherum. Die Regierung kam und nahm ihnen alles, die Familie musste von einen Tag auf den anderen das Haus verlassen und sich etwas anderes suchen, keine Ausbezahlung oder Unterstützung, die Regierung brauchte das Stück Land jetzt einfach. Da wird einem klar, das die Leute hier nicht viel Kraft, Geld und Energie stecken um etwas aufzubauen, das ihnen innerhalb einer Sekunde wieder genommen werden kann.

Hier aber noch etwas über die Geschichte der Khmer Rouge:
Mit dem Einzug nach dem gewonnen Bürgerkrieg der Khmer Rouge 1975 in Phnom Penh dachten viele an das Ende des damaligen Bürgerkrieges und schlimmen Zeit. Soldaten, viele junge Burschen, marschierten schwerbewaffnet in Phnom Penh ein.

Die Bevölkerung jubelte ihnen zu um sie Willkommen zu heißen, sie wussten aber nicht, dass diese in Wirklichkeit ihre Feinde waren, was sie aber bald zu spüren bekamen. Innerhalb weniger Stunden nach dem Einzug der Khmer Rouge mussten die Bewohner die Stadt verlassen und für Tage in die anliegenden Provinzen marschieren. Es wurde den Leuten alles genommen was sie besaßen, Eigentum war nicht mehr erlaubt. In den Provinzen wurden sie aufgeteilt und mussten die Reisfelder bewirtschaften, jeden Tag und oft für 12 Stunden lang bei voller Hitze und vor allem auch mit dem schwarzen Gewand, das ihnen die Khmer Rouge zu tragen gab.

Bunte Farben, Fröhlichkeit, Lachen, Familie, Religion – alles Schöne wurde verboten. Zum Essen bekamen sie teilweise so gut wie nichts, oft nur eine Mahlzeit am Abend – eine Reissuppe mit 5 Reiskörnern. Mit Wasser wurde auch gespart.
Wer mit diesen Bedingungen nicht mithalten konnte, wurde mit Gewalt bestraft und vorangetrieben, „Kranke sind Opfer ihrer Einbildung“.
Die Leute wurden von der Khmer Rouge ständig in andere Gebiete gebracht um somit Aufstände und Verbünde zu verhindern. „Wer protestierte ist ein Feind, wer sich widersetzt eine Leiche“.
Jeden Abend gab es "Gehirnwäsche", es wurde den Leuten eingeredet, wie gut die Khmer Rouge nicht sei und was alles gut dran ist.

Ein Leitsatz der Khmer Rouge, der mir ziemlich in die Knochen geht, war: „
DICH zu behalten ist kein Gewinn – DICH zu verlieren ist kein Verlust
“. Die Wertigkeit eines Menschenlebens war NICHTS.

Nach 3 Jahren 8 Monate und 20 Tagen haben die Vietnamesen Phnom Penh eingenommen und somit die Khmer Rouge vertrieben, aber nicht komplett vernichtet. Es wurde die Volksrepublik Kambodscha gegründet. Die Khmer Rouge war auch noch lange nach dem Einfall der Vietnamesen und Befreiung von Phnom Penh tätig, die Anhänger flüchteten vor allem in den Dschungel an die Thailändische Grenze und bildeten ein militärisches Netzwerk innerhalb von Kambodscha. Sie wollten auch noch über 10 Jahre danach immer wieder versuchen, an die Macht zu kommen, Gott sei Dank aber ohne Erfolg.
1989, 10 Jahre nach dem Einfall in Phnom Penh kehrten die Vietnamesen wieder zurück in ihr Land und zogen ab. In Kambodscha wurde aber noch immer gekämpft, der Bürgerkrieg hatte noch kein Ende genommen. 1991 wurde dann endlich ein Friedensvertrag unterzeichnet und somit war im Land Frieden.
Vor allem auch rund um Siem Reap wurde hier noch viel gekämpft, im War Museum sieht Bomben, Landminen, Waffen aller Art, die man im Umkreis gefunden hat.

Schilder an zerstörte Panzern zeigen, wie viele Menschen in den jeweiligen Panzer gestorben sind, die Lucken zum Rein und Rausklettern wurden während eines Kampfes zugesperrt, damit die Soldaten im Panzer nicht flüchten können.

Viele waren erst 15 Jahre alt oder jünger, als sie zu Soldaten wurden, viele haben aber durch die Minen und Bomben Arme, Beine, Finger verloren, wie dieser Mann.

Er hat ein amputiertes Bein (mittlerweile eine Prothese) und insgesamt 5 Kugeln in seinem Körper, die nicht entfernt wurden.

Der Anführer dieser schrecklichen Zeit war Pol Pot, der sich schon früh mit Kommunismus befasste, das er auch vor allem während seiner Studienzeit in Paris weiterentwickelte.

1963 kam er nach Kambodscha zurück, musste untertauchen und mit dem Einfall der Khmer Rouge wurde seine Ideen Realität. Er starb 1998 auf etwas mysteriöse Weise, bis zu seinem Tod lebte er versteckt im Dschungel.


Die Khmer Rouge hat in dieser Zeit das Land in einem miserablen Zustand hinterlassen, waren es 1975 etwa 450 Ärzte die im Land tätig waren, so waren es 1979 nur mehr 45. 7000 von 22000 Lehrer überlebten diese 3 Jahr, das Land musste wirklich wieder von Null anfangen, alles musste wieder aufgebaut werden, viele Schulen wurden als Folterzentren verwendet, Bildung war verloren gegangen. Die Infrastruktur des Landes war katastrophal und für die Menschen war es schwer, wieder wo Fuss zu fassen, viele machten sich im gesamten Land auf der Suche nach der Familie und Verwandten, viele kämpften wiederum um das Überleben, es gab keine Vorräte und die Ernten fielen wegen der weiteren Kämpfe teilweise komplett aus.

Es gibt viele Bücher über die diese Zeit, eines der besten Bücher aber ist von Luong Ung, "Der weite Weg der Hoffnung" (auf Englisch: "First they killed my father"), sie war 8 Jahre alt als die Khmer Rouge Einzug nahm und beschreibt wie ihre Familie diese grausame Zeit erlebt hat. Eines der besten Bücher, die ich je gelesen habe.


Die Zeit der Khmer Rouge ist noch nicht wirklich lange her und viele können Geschichten erzählen, was mit ihren Familien passiert ist. Diese Zeit hängt jetzt noch vielen in den Knochen - für mich ist es oft unvorstellbar, was diese Menschen mitgemacht haben... aber umsomehr bewundere ich die Leute und deren Fröhlichkeit die sie haben und anderen weitergeben....

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